Bearbeitung: Österreichisches Institut für Raumplanung
Herbert Kautz (Projektleitung), Günter Eisenkölb, Eckhard Lichtenberger, Elma Lutzer, Margit Pointner-Prager
Publikation 05/1996
Mit der Einführung der S-Bahn Wien – Mistelbach im September 1983 und der bereits im Mai 1983 erfolgten Verdichtung des Busnetzes auf der B7 bot sich die Möglichkeit einer längerfristigen Untersuchung der Auswirkungen verkehrlicher Maßnahmen auf die Raumstruktur. So wurde das Österreichische Institut für Raumplanung beauftragt, in drei Arbeitsschritten (Vorher-Untersuchung, Nachher-Untersuchung nach 2 Jahren und Nachher-Untersuchung nach 10 Jahren) mittels Verkehrszählungen, Flächennutzungserhebungen, Zensusdaten, Gemeindebefragungen und eigenen Erhebungen die Entwicklung über einen Zeitraum von 10 Jahren zu analysieren.
Die sehr umfangreichen Grundlagen und die Ergebnisse sind in dieser PGO-Publikation übersichtlich zusammengefasst und es zeigt sich ganz eindeutig, dass die S-Bahn, unterstützt durch den Tarifverbund im VOR und den Ausbau von Park-and-Ride-Anlagen, zu den ursprünglich 2.000 Fahrgästen nahezu 8.000 Fahrgäste (pro Tag und in beide Fahrtrichtungen) dazugewinnen konnte, während der Straßenverkehr vergleichsweise „nur“ von 11.000 Kfz auf 18.000 Kfz anstieg.
In den untersuchten Gemeinden an der S-Bahn nahm die Siedlungsentwicklung (Baulandnutzung) um fast 20 % zu, wobei drei Viertel dieser Zuwächse im 2-Kilometer-Einzugsbereich der Bahnhaltestellen zu beobachten waren. Auch über 80 % der – allerdings schon sehr geschrumpften – Baulandreserven (gewidmetes und noch nicht genutztes Bauland) liegen in diesen Bereichen. Grundsätzlich kam es in fast allen Gemeinden des Umlandes Wiens zu starken Siedlungserweiterungen. Mit der Zunahme der Entfernung von Wien orientierte sich die Siedlungsentwicklung, vor allem bei den Arbeitsplätzen, verstärkt an den Haltestelleneinzugsbereichen der Eisenbahn.
Die Untersuchung über die Auswirkungen der S-Bahn Wien – Mistelbach hat weiters gezeigt, dass die Vorteile der S-Bahn auch dem Hauptort der Region zugute kommen. Zusätzlich ist es jedoch notwendig, die S-Bahn zu beschleunigen und zu verdichten (Überlagerung mit Regionalbahn), die Busanbindungen besser zu organisieren und auf die Entwicklungszentren bzw. Bahnknotenpunkte abzustimmen und das Park-and-Ride-System weiter auszubauen. Damit kann die grundlegende Zielsetzung des siedlungspolitischen Konzeptes – Entlastung des Wiener Umlandes, insbesondere der Wien-nahen Gemeinden, vom Siedlungsdruck zugunsten der außerhalb des Umlandes liegenden Entwicklungszentren – erreicht werden.
Diese Arbeit bestätigt die in der Länderregion Ost vertretenen siedlungs- und verkehrspolitischen Grundsätze und liefert wertvolle Grundlagen, um die erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen zu verwirklichen.